Rebound-Effekte

Problemkontext

Die ökologischen Belastungsgrenzen unseres Planeten werden immer weiter überschritten. Dazu tragen die gegenwärtigen Konsum- und Produktionsmuster der Industrieländer maßgeblich bei. Zwar konnten Innovationen die Energie- und Materialeffizienz in den letzten Jahren beachtlich steigern; allerdings sank dadurch der absolute Energie- und Rohstoffverbrauch nicht im nötigen Umfang. Als ein Grund hierfür wird der sogenannte Rebound-Effekt diskutiert.

Der Rebound-Effekt

Rebound-Effekte können durch unternehmerische Maßnahmen zur Energie- und Materialeffizienz entstehen. Im Zuge von oder im Nachgang zu solchen Maßnahmen wird oft ein Teil der eingesparten Mittel für neue, energie- oder materialverbrauchende Verwendungen verplant bzw. eingesetzt.

Sinken etwa durch höhere Energieeffizienz Verbrauchskosten, wird Geld eingespart. Wird dieses beispielsweise für neue Güter oder Investitionen eingesetzt, können neue Verbräuche von Energie und Materialien entstehen. Oder effiziente Technik – von der Bürobeleuchtung bis zu den Produktionsanlagen – wird im Bewusstsein ihrer Effizienz weniger sparsam ausgelegt oder genutzt als die bisherige, weniger effiziente Technik.

Rebound-Effekte entstehen also, wenn erfolgreiche Effizienzsteigerungen zu Anpassungen und Verhaltensänderungen führen, aufgrund derer die erwarteten Einsparungen (teilweise) wieder aufgezehrt werden. Die ökologischen Entlastungen fallen dadurch geringer aus als auf Grundlage der Effizienzsteigerung erwartet wurde und theoretisch möglich wäre. Rebound-Effekte stellen damit ein ökologisches Wirkungsdefizit von Effizienzmaßnahmen dar.

Typen von Rebound-Effekten

Es können unterschiedliche Typen von Rebound-Effekten unterschieden werden. Während für alle Rebound-Effekte gilt, dass im Ergebnis Ressourcenverbräuche weniger sinken als zuvor erwartbar war, sind hierfür unterschiedliche Anpassungsreaktionen im Zuge von bzw. im Nachgang zur Effizienzmaßnahme verantwortlich:

  • Output-Effekte entstehen durch eine Steigerung von Produktion und Absatz (oft mithilfe eines niedrigeren Angebotspreises)
  • Faktor-Substitutions-Effekte entstehen durch den Austausch von Produktionsverfahrenund dadurch zunehmende Energie- oder Material-Nutzung
  • Re-Utilisation-Effekte entstehen durch leistungssteigernde Veränderungen der Produktionsverfahren und Produktionsorganisation
  • Re-Design-Effekte entstehen durch leistungssteigernde Veränderungen des Produktdesigns
  • Re-Spending-Effekte entstehen durch Verwendung eingesparter zusätzlicher finanzieller Mittel für reguläre laufende Ausgaben
  • Re-Investment-Effekte entstehen durch Verwendung kumulierter finanzieller Einsparungen zur Produktentwicklung, Produktdifferenzierung oder Diversifikation
  • „Frontier“-Effekte entstehen durch Entwicklung neuartiger Produkte und Dienstleistungen auf Basis bestehender, aber zunehmend effizienterer Technologien (Bsp. Digitalisierung)

Ursachen von Rebound-Effekten

Rebound-Effekte können unterschiedliche, einander überlappende Ursachen haben:

  • Rebound-Effekte können eine Folge davon sein, dass Unternehmen andere betriebliche Zwecke gegenüber der Vermeidung von Rebound-Effekten priorisieren. Statt den ökologischen Nutzen der Maßnahme zu maximieren, werden Einbußen ihrer ökologischen Wirksamkeit in Kauf genommen, insbesondere um ihren finanziellen oder technologischen Nutzen auszuschöpfen
  • Rebound-Effekte können darauf zurückgehen, dass in Unternehmen relevantes Wissen, Instrumente und organisationale Strukturen fehlen, um Rebound-Effekte zu erfassen und managen
  • Rebound-Effekte können daraus resultieren, dass Akteure in Unternehmen (z.B. Entscheider-, Entwickler-, Anwender*innen) nach erfolgreicher Umsetzung von Effizienzmaßnahmen die effizienteren Technologien, Prozesse oder ihr Handeln als weniger umweltschädlich wahrnehmen und in der Folge ihre Ressourcenverbräuche (teils unbewusst) intensivieren. Hier spielen unterschiedliche psychologische Phänomene eine Rolle wie beispielsweise moralische Rechtfertigung (‘moral licensing‘), Wahrnehmung von Selbstunwirksamkeit oder Diffusion von Verantwortlichkeit.

Rebound-ähnliche Effekte

Neben Rebound-Effekten existieren weitere ökologische Wirkungsdefizite von Maßnahmen zu Erhöhung von Ressourceneffizienz:

  • Prognose-, Planungs- oder Umsetzungsfehler verhindern optimale Betriebsbedingungen und damit, dass die Effizienzpotenziale voll ausgeschöpft werden
  • Beim sog. Burden-Shifting verursacht eine Effizienzmaßnahme Mehrverbräuche in anderen Umweltmedien oder in anderen Lebenszyklusphasen eines Produktes (d.h. in der vor- oder nachgelagerten Wertschöpfungskette), z.B. graue Energie, grey matter

Zudem gibt es gegenläufige Effekte unabhängig von einer Effizienzmaßnahme, die deren Wirkung mindern oder diese gar verhindern kann:

  • Nachfrageeffekte: Unabhängig von einer Effizienzsteigerung steigen nachfragebedingt der Output und dadurch die Ressourcenbedarfe
  • Sonstige gegenläufige Begleiteffekte: Unabhängig von einer Effizienzsteigerung steigen Ressourcenbedarfe für Prozesse oder Produkte durch externe Anforderungen (an Sicherheit, Umweltschutz etc.)
  • Efficiency Gap: Maßnahmen zur Effizienzsteigerung werden gar nicht erst umgesetzt, obwohl dies ökonomisch und ökologisch sinnvoll wären

Schlussfolgerungen

Rebound-Effekte machen Bemühungen um eine höhere Energie- oder Material-Effizienz in Unternehmen nicht überflüssig. Sie sollten aber sowohl in Unternehmen als auch von der Politik mitgedacht werden.
In Unternehmen sollten Rebound-Effekte Anlass sein, die ökologische Wirksamkeit von Effizienzmaßnahmen zu steigern (siehe MERU-Unternehmensleitfaden).
In der Politik sollten Rebound-Effekte zum Anlass genommen werden, den Fokus von einer Förderung (relativer) Effizienzsteigerungen auf (absolute) Verbrauchsminderungen verschieben (siehe MERU-Papier zu Politikoptionen).